Justin Koch

Date of Birth:
12.09.1899, Mönchsroth
Deceased:
Todestag nicht bekannt, Auschwitz

Residencies

Mönchsroth
Nürnberg
Augsburg, Schmiedberg C160 (heute 8)
Augsburg, Sophienstraße 1 (ab 1939 Brunhildenstraße)
Augsburg, Maximilianstraße 14
Augsburg, Hallstraße 14

Last voluntary residence

Places of persecution

Deportation am 8. oder 9. März 1943 von Augsburg über München-Berg am Laim nach Auschwitz

Biography

Justin Koch wurde am 12. September 1899 im mittelfränkischen Mönchsroth geboren. Seine Eltern waren Simon und Emma Koch, geb. Guldmann.1 Sie wohnten im vorderen Teil des Anwesens in der Hauptstraße 31, der früheren Nr. 54. Vermutlich handelt es sich dabei auch um das Geburtshaus von Justin.2 Er hatte eine Schwester und einen Bruder: Regina wurde am 7. Dezember 1901 geboren, Heinrich Heinz war das jüngste der Geschwister.3

Im Ersten Weltkrieg kämpfe Justin in der Infanterie für das deutsche Kaiserreich. So war er z. B. von 17. August bis zum 2. September 1918 an der Schlacht bei Monchy-Bapaume beteiligt.4 Irmgard Hirsch-Erlund schrieb in ihrem Buch, dass er „für seine Tapferkeit mehrfach ausgezeichnet [wurde]: Eisernes Kreuz 1. und 2. Klasse, Bayer. Militärverdienstorden mit Kreuz und Schwertern, Württembergische Silberne Tapferkeitsmedaille u. a.“5 Am 11. März 1919 wurde er aus dem Militärdienst entlassen.6

Es ist sehr wahrscheinlich, dass er danach wieder in seine Wohnung in der Wielandstraße 5 in Nürnberg gezogen ist.7 Vom 22. Oktober 1921 - 15. Dezember 1924 arbeitete er bei Schmuckfederfabrik Gutmann in der Beyerstraße 5 in München.8 Er heiratete Clementine9 Dreifuß aus Mühlhausen im Elsass, welche am 3. Januar 1895 geboren worden war. Die Hochzeit fand am 5. Dezember 1924 in München statt.10 Seine Ehefrau lebte seit 1914 in Augsburg und er zog am 15. Dezember 1924 in die Stadt. Sie wohnten am Schmiedberg C160 im zweiten Stock.11 Ihr erstes Kind Renate wurde am 27. Juli 1927 und ihr zweites Kind Hans Werner am 16. März 1929 in Augsburg geboren.12 Am Schmiedberg C160 befand sich auch die Firma.13 Im Betrieb wurden Einstecktücher hergestellt und Taschentüchern und Herrenwäsche vertrieben.14 1936 zogen er und seine Familie in die Sophienstraße 115 , wo auch ein Geschäftslokal eröffnet wurde.16 Seine Eltern waren dort ab dem 2. November 1938 ebenfalls gemeldet.17 Inwieweit die Wohn- und Gewerbeeinheit im zweiten Stock am Schmiedberg C160 in den Jahren 1936 und 1937 noch gewerblich genutzt wurde, ist unklar,18 spätestens 1938 aber nicht mehr.19

Im Adressbuch von 1939 wurde, wahrscheinlich wegen der „Wohnraumarisierung“, bei der deutsche Juden ihren privaten Wohnraum verloren, Justin Koch nicht mehr aufgeführt. Die Anordnung Görings zur „Unterbringung der Juden“ legte am 28. Dezember 1938 fest:„ [Der] Mieterschutz für Juden ist generell nicht aufzuheben. Dagegen ist es erwünscht, in Einzelfällen nach Möglichkeit so zu verfahren, daß Juden in einem Haus zusammengelegt werden, soweit die Mietverhältnisse dies gestatten.“20 Verschärft wurde dies durch das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden vom 30. April 1939, das die Gewährleistung des Mietschutzes für Juden aufhob, die bei „arischen“ Vermietern wohnten.21 Zudem entzog der NS-Staat ab 1938 durch mehrere Gesetze die letzten Möglichkeiten der wirtschaftlichen Existenz für jüdische Gewerbetreibende, was womöglich noch ein Grund für die fehlende Auflistung im Augsburger Adress- und Branchenbuch sein könnte.22 Nach der Enteignung musste Justin Koch, wie viele andere jüdische Augsburger, Zwangsarbeit leisten.23 Er arbeitete vom 15. Mai 1939 bis 28. Oktober 1939 in der Ziegelei Hochfeld und vom 30. Juli 1940 bis 3. März 1942 bei der Hoch- und Tiefbaufirma Johann Schaffner in Augsburg.24 Im Juni 1942 musste die Familie Koch in ein sogenanntes „Judenhaus“ in der Maximilianstraße 14 ziehen.25 Diese „Judenhäuser“ entstanden durch Umsiedlungen in den Städten und waren einer der ersten organisatorischen Schritte hin zu den Deportationen.26 Dominique Hipp schrieb in ihrer Magisterarbeit: „Auffallend ist jedoch, dass die Mehrheit der insgesamt siebzehn jüdischen Bewohner dieses Hauses [Maximilianstraße 14], zum großen Teil in den Jahren um 1941 in eine andere deutsche Stadt abgewandert ist. Wenn dies nicht der Fall war, so wurden sie in ein anderes ‚Judenhaus‘ verbracht, in erster Linie in die Hallstraße 14. Das Schicksal derer, die dort wohnten, war wiederum die Deportation nach Auschwitz im März 1943.“27 Justin Koch, seine Ehefrau und seine Kinder waren Teil der Gruppe, die in die Hallstraße 14 umziehen mussten.28 Irmgard Hirsch-Erlund schrieb, dass Clementine Koch und die Kinder die Möglichkeit gehabt hätten, in die Schweiz zu emigrieren, dies aber nicht wahrnahmen und bei Justin blieben, da er nicht mit in das Land einreisen durfte.29

Justin Koch wurde am 8. oder 9. März 1943 zusammen mit seiner Ehefrau und seinen Kinder Renate und Werner von Augsburg über München-Berg am Laim nach Auschwitz deportiert. Ihre Namen finden sich auf der entsprechenden Deportationsliste.30 Irmgard Hirsch-Erlund schrieb in ihren Erinnerungen, dass Ludwig Frank einen Brief verfasst hatte, den sie von ihrer Mutter bekam, in dem er ihr von den unmenschlichen Zuständen im Konzentrationslager berichtete.31 In diesem Brief erwähnte er auch Justin Koch: „Im Februar [sic!] 1943 war Augsburg dran. Von dem ganzen Transport kamen nur 15 Männer ins Lager. Wieviel Frauen weiß ich nicht. Von den Männern sah ich Justin Koch […]. [Er] erzählte, daß bei dem Transport, der sofort ins Gas ging, Farnbacher, Lulus Eltern […] mehrere Familien Einstein, Hirschfeld und Familien waren, deren Namen ich nicht mit Bestimmtheit weiß […]“32 Justin Koch wurde höchst wahrscheinlich, genauso wie seine Ehefrau Clementine und seine Kinder Renate und Heinz Werner, in Auschwitz ermordet. Unterlagen bezüglich des Todesorts und -datums sind nicht erhalten.33

Die Geschwister Regina und Heinrich Heinz Koch überlebten den Holocaust durch die Emigration in die USA.34

Dies ist ein Auszug aus der Biografie, die Amanda Natterer im Sommersemester 2014 an der Universität Augsburg erarbeitet hat. Amanda Natterer nahm am Proseminar "Nationalsozialismus in Augsburg. Verfolgungsgeschichte im Spiegel von Lebensgeschichten Augsburger Juden" von Dr. Benigna Schönhagen am Lehrstuhl für Europäische Ethnologie/Volkskunde teil.

Footnotes
  1. StadtAA, FB Justin Koch, 12.9.1899.
  2. E-Mail von Gunther Reese.
  3. StAA, Amtsgericht Augsburg, Akten über den Nachlaß von Justin Koch, Nr. VI 1238/1959.
  4. BayHStA, Abt. IV Kriegsarchiv, Bd. 10986 KStR Bd. 3 (Justin Koch).
  5. Irmgard Hirsch-Erlund, Irmgard. Eine jüdische Kindheit in Bayern und eine Vertreibung, in: Gernot Römer (Hg.), Irmgard. Eine jüdische Kindheit in Bayern und eine Vertreibung (Lebenserinnerungen von Juden aus Schwaben, Bd. 2), Augsburg 1999, S. 179.
  6. BayHStA, Abt. IV Kriegsarchiv, Bd. 1412 KStR Bd. 5 (Justin Koch).
  7. BayHStA, Abt. IV Kriegsarchiv, Bd. 6271 KStR Bd. 7 (Justin Koch).
  8. StadtAA, FB Justin Koch, 12.9.1899.
  9. Neben Clementine finden sich in den Quellen noch folgende Alternativnamen: Clemenzia, Clementia und Clemense, siehe: http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de?result#frmResults (eingesehen am 05.10.2015) und http://statistik-des-holocaust.de/OT430313-9a.jpg (eingesehen am 27.09.2015).
  10. StadtAA, FB Justin Koch, 12.9.1899.
  11. StadtAA, FB Justin Koch, 12.9.1899.
  12. StAA, Amtsgericht Augsburg, Akten über den Nachlaß von Justin Koch, Nr. VI 1238/1959; Gernot Römer (Hg.), „An meine Gemeinde in der Zertreuung.“ Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941 – 1949 (Material zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, Bd. 29), Augsburg 2007, S. 271.
  13. StadtAA, FB Justin Koch, 12.9.1899.
  14. Einwohnerbuch der Stadt Augsburg, I. Teil, Augsburg 1924, S. 203.
  15. 1939 wurde die Straße in Brunhildenstraße (Nr. 1 und 2) und Gunterstraße (Nr. 7) umbenannt.
  16. Einwohnerbuch der Stadt Augsburg, I. Teil, Augsburg 1936, S. 149.
  17. E-Mail von Gunther Reese.
  18. Im Teil I Einwohner und Firmen der Adressbücher aus den Jahren 1936 und 1937 ist Justin Koch noch als Mieter der Einheit im zweiten Stock des Schmiedbergs C160 vermerkt, aber im Teil II Straßen und Häuser (1936) bzw. Teil IV: Straßen und Häuser (1937) nicht mehr. Dies ist ungewöhnlich, da er von der ersten Nennung im Adressbuch 1924 bis zum Eintrag 1935 in diesem Teil als Mieter vermerkt war. Es besteht die Möglichkeit, dass Justin Koch die Einheit in Untermiete weiter genutzt hat, was sich aber nicht belegen lässt, siehe: Einwohnerbuch der Stadt Augsburg, I. Teil, Augsburg 1936, S. 149 und Einwohnerbuch der Stadt Augsburg, II. Teil, Augsburg 1936, S. 251 und Einwohnerbuch der Stadt Augsburg, I. Teil, Augsburg 1937, S. 149 und Einwohnerbuch der Stadt Augsburg, IV. Teil, Augsburg 1937, S. 275.
  19. Einwohnerbuch der Stadt Augsburg, I. Teil, Augsburg 1938, S. 151.
  20. Dominique Hipp, Judenhäuser und Deportationen aus Augsburg, Unveröffentlichte Magisterarbeit im Fach Neuere und Neueste Geschichte, Augsburg, 2012, S. 17.
  21. Ebd., S. 16-17.
  22. Benigna Schönhagen, Die zweite jüdische Gemeinde von Augsburg 1861-1943, in: Michael Brenner, Sabine Ullmann (Hg.), Die Juden in Schwaben (Studien zur Jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern, Bd. 6), München 2013, S. 246-247.
  23. Ebd., S. 246.
  24. Gernot Römer (Hg.), "An meine Gemeinde in der Zerstreuung." Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941-1949 (Materialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, Bd. 29), Augsburg 2007, S. 271.
  25. StAA, Amtsgericht Augsburg, Akten über den Nachlaß von Simon Koch, Nr. VI 1238/1956.
  26. Hipp, 2012, S. 4.
  27. Hipp, 2012, S. 27.
  28. http://statistik-des-holocaust.de/OT430313-9a.jpg (eingesehen am 27.09.2015).
  29. Hirsch-Erlund, 1999, S. 179.
  30. http://statistik-des-holocaust.de/OT430313-9a.jpg (eingesehen am 27.09.2015). Im Gedenkbuch des Bundesarchivs wird Theresienstadt als Deportationsort angegeben, siehe: http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de?result#frmResults (eingesehen am 27.09.2015),Maximilian Strnad, Zwischenstation "Judensiedlung". Verfolgung und Deportation der jüdischen Münchner 1941 – 1945 (Studien zur jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern, Bd. 4), München 2011, S. 140.
  31. Hirsch-Erlund, 1999, S. 155.
  32. Ebd., S. 157.
  33. Im Gedenkbuch des Bundesarchivs wird für Justin Koch als Deportationsort Theresienstadt und das Todesdatum 03.03. 1943 angegeben. Dagegen spricht der Eintrag auf der Deportationsliste nach Auschwitz vom 13.03.1943.
  34. StAA, Amtsgericht Augsburg, Akten über den Nachlaß von Justin Koch, Nr. VI 1238/1959.
Sources and literature
Unpublished sources:

Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA), Abt. IV Kriegsarchiv
Kriegsstammrollen (KStR; eingesehen bei www.ancestry.de):

  • Bd. 10986 KStR Bd. 3 (Justin Koch)

Staatsarchiv Augsburg (StAA)
Amtsgericht Augsburg (AG Augsburg):

  • AG Augsburg, Akten über den Nachlaß von Justin
    Koch, Nr. VI 1238/1959

Stadtarchiv Augsburg (StadtAA)
Familienbogen (FB):
-  FB Justin Koch, 12.9.1899

E-Mail von Gunther Reese

Published sources:

Dominique Hipp, Judenhäuser und Deportationen aus Augsburg, Unveröffentlichte Magisterarbeit im Fach Neuere und Neueste Geschichte, Augsburg, 2012.

Irmgard Hirsch-Erlund, Irmgard. Eine jüdische Kindheit in Bayern und eine Vertreibung, in: Gernot Römer (Hg.), Irmgard. Eine jüdische Kindheit in Bayern und eine Vertreibung (Lebenserinnerungen von Juden aus Schwaben, Bd. 2), Augsburg 1999.

Gernot Römer (Hg.), „An meine Gemeinde in der Zerstreuung.“ Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941-1949 (Materialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, Bd. 29), Augsburg 2007.

Benigna Schönhagen, Die zweite jüdische Gemeinde von Augsburg 1861-1943, in: Michael Brenner, Sabine Ullmann (Hg.), Die Juden in Schwaben (Studien zur Jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern, Bd. 6), München 2013.

Maximilian Strnad, Zwischenstation "Judensiedlung". Verfolgung und Deportation der jüdischen Münchner 1941 – 1945 (Studien zur jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern, Bd. 4), München 2011.

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