Curt Pach

Date of Birth:
21.06.1879, Erfurt
Deceased:
Todestag nicht bekannt, Piaski (vermutlich)

Residencies

Erfurt, Metzer Straße 8
Augsburg, Wertachstraße 5
Augsburg, Hallstraße 14

Last voluntary residence

Places of persecution

Deportation
am 2. April 1942
von Augsburg
über München-Milbertshofen
nach Piaski

Biography

Die Eltern von Curt Pach waren Moritz und Jenny Pach, geb. Simon. Moritz Pach wurde am 31. Oktober 1832 in Kargowa geboren. Kargowa (dt. Unruhstadt) ist eine Kleinstadt mit heute 3.600 Einwohnern in Polen. Der Vater verstarb mit 61 Jahren am 26. April 1893 in Erfurt. Curts Mutter wurde am 22. Februar 1848 in der Lutherstadt Eisleben geboren und ist am 28. Februar 1923 in Erfurt gestorben.1 Zu welchem Zeitpunkt Moritz Pach und Jenny Pach nach Erfurt gezogen sind, konnte auch nach einer Rücksprache mit dem Stadtarchiv Erfurt nicht ermittelt werden.2 Aus der Ehe von Moritz und Jenny Pach gingen fünf Kinder hervor. Das älteste Kind war Auguste Pach, sie wurde am 19. Mai 1866 geboren. Vier Jahre darauf folgte am 11. Juli 1870 die zweite Tochter Elsbeth. Am 21. August 1871 kam Franz zur Welt, gefolgt von Frieda am 28. November 1876. Das jüngste Kind war Curt, der am 21. Juni 1879, ebenfalls in Erfurt, geboren wurde.

Curt verbrachte einen Großteil seines Lebens in Erfurt und wohnte dort mit seiner Familie in der Metzer Straße 8.3 Über seine Kindheit und die besuchten Schulen konnten keine Informationen gefunden werden. Er zog am 19. Januar 1920, im Alter von 41 Jahren, von Erfurt nach Augsburg. Nach dem Umzug folgte die Hochzeit mit Selma Landauer. Sie stammte ursprünglich aus Rothenburg ob der Tauber und wurde am 31. März 1882 geboren und war die einzige Tochter von Raphael und Rosette Landauer.4 Aus der Ehe von Curt und Selma ging die Tochter Irmgard hervor. Sie wurde am 17. Juli 1917 in Augsburg geboren und besuchte von 1927 bis 1933 von der ersten bis zur sechsten Klasse die Maria-Theresia-Schule.5

Der gelernte Kaufmann Pach wurde 1921 Inhaber des Schuhgeschäfts „Schuhkönig“ in der Wertachstraße 5 in Augsburg-Oberhausen. Er arbeitete dort zusammen mit drei Angestellten und seiner Frau. Die Namen zweier Angestellter konnten verifiziert werden: Zenta Uffinger und Marie Fendt.6 Die Tochter Irmgard berichtete in einem Brief, dass sie von Marie Fendt täglich in die Schule gebracht wurde.7 Die Wohnung der Familie befand sich über dem Geschäft. Dort wohnte auch Curts ledige Schwester Frieda, die 1920 mit ihm nach Augsburg umgezogen war.8

Der Schuhkönig in der Wertachstraße. In der Ladentüre stehen Selma und Curt Pach mit ihrer Tochter Irmgard. Vor dem Schaufenster stehen drei Angestellte - links Marie Fendt und in der Mitte Zenta Uffinger. (© JMAS/Sammlung Gernot Römer)

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 konnte das Geschäft zunächst weitergeführt werden. Im Jahr 1938 wurde aber der Druck auf die jüdischen Unternehmer weiter erhöht, was auch Curt Pach zu spüren bekam: Er musste sein Unternehmen unter Wert verkaufen. Dem entsprechenden Dokument ist zu entnehmen, dass das Geschäft am 12. August 1938 von Elisabeth Drießlein aus Augsburg übernommen wurde.9 Das Schuhgeschäft bestand unter dem Namen „Schuhkönig“ bis 2002.10

Curt Pach musste vom 30. Juli 1940 bis 7. Oktober 1941 Zwangsarbeit bei der Firma Schaffner leisten. Diese war „nicht allzu schwer“11 , jedoch arbeitete der Arbeitgeber mit der Gestapo zusammen. Dann musste Curt „an der Wertach im Goegginger [sic!] Wald Uferbauten ausfuehren [sic!].“12 Diese Arbeit war „anstrengend“13 und der Umgangston „à la Dachau“14 . Hinzu kam, dass die Bezahlung extrem gering war, da man in einer Stunde circa 40 Pfennig verdiente, wovon nochmals 20 % abgezogen wurden.15 Neben der wirtschaftlichen und sozialen Ausgrenzung der Juden nahmen auch die Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt zu. Durch das „Gesetz über die Mietverhältnisse mit Juden“ vom 30. April 1939 wurden der Mieterschutz und die freie Wohnungswahl für Juden aufgehoben.16 Gleichzeitig mussten diejenigen Juden, die noch eigene Wohnräume zur Verfügung hatten, wohnungslos gewordene Jüdinnen und Juden aufnehmen. Außerdem entstanden sog. Judenhäuser. Der Grundgedanke dieser Häuser war die Zusammenführung von Juden an bestimmten Orten und die damit einhergehende Isolierung. Außerdem sollten die Kontroll- und Zugriffsmöglichkeiten erhöht und vereinfacht werden. Man kann daher die Einrichtung der sog. Judenhäuser als eine wichtige Vorstufe zur Deportation bezeichnen. Nach Hans K. Hirsch waren bekannte Beispiele die Rabbinerwohnung auf dem Synagogengelände in Augsburg und das Haus in der Hallstraße 14.17

Curt Pach musste gemeinsam mit seiner Ehefrau Selma und seiner Schwester Frieda Pach in letztere einziehen.18 Von dort aus wurden sie am 4. April 1942 nach Piaski deportiert.19 Piaski ist eine kleine Stadt in Polen mit heute 2.672 Einwohnern und gehört zum Verwaltungsbezirk Lublin. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde in Piaski ein Ghetto eingerichtet, in das unzählige jüdische Männer, Frauen und Kinder transportiert wurden. Dort mussten die jüdischen Häftlinge oft Zwangsarbeit verrichten. Es ist anzunehmen, dass dort schon viele umkamen oder spätestens nach der Liquidation des Ghettos in einem der Vernichtungslager im Bezirk Lublin umgebracht wurden.20

Der erfolgreiche Kaufmann und Familienvater gilt gemeinsam mit seiner Ehefrau seit seiner Deportation als verschollen. Beiden starben wahrscheinlich in Piaski; ihr Todesdatum wurde auf den 3. April 1942 festgelegt, was aber nicht möglich ist, da das Ehepaar am 4. April 1942 von München nach Piaski verschleppt wurde.21

Vermutlich ist auch Curts Schwester Frieda in Piaski umgekommen.22

Die Tochter Irmgard konnte im Jahr 1939 in die USA emigrieren und so der nationalsozialistischen Verfolgung entkommen. Um die Auswanderungspapiere zu beantragen, musste sie nach Stuttgart zum amerikanischen Konsulat. Dort traf sie sich auch mit ihrer Schulfreundin Gerda Ruppin.23 In den USA lernte Irmgard Walter Hann aus Zittau kennen. Seine Familie hatte dort ein Schuhgeschäft geführt, bis es ebenfalls 1938 zwangsarisiert wurde. Walters Vater Philipp Hann wurde nach Aussagen einiger Zeitzeugen während des Novemberpogroms geschlagen, verhaftet und in das Konzentrationslager nach Buchenwald gebracht. Nach seiner Rückkehr nach Zittau wurden er und seine Frau Julie am 8. September 1942 nach Theresienstadt deportiert. Sie starb dort am 23. November 1942. Er wurde am 31. Dezember nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.24 Auch Walter Hann war wie Irmgard der Einzige seiner Familie, dem eine Flucht in die Vereinigten Staaten gelang. Nach Äußerungen Gerda Ruppins hatten sich Irmgard Pach und Walter Hann in jeglicher Hinsicht verbunden gefühlt und nach kurzer Zeit geheiratet und 1947 eine Tochter bekommen.25

Dies ist ein Auszug aus der Biografie, die von Büsra Aydin, Schülerin des Oberstufenjahrgangs 2013/2015 am Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen, im Rahmen des W-Seminars „Opfer der Judenverfolgung während der NS-Zeit im Raum Augsburg“ im Fach Geschichte erarbeitet wurde.

Footnotes
  1. StadtAE, 2/136-54.
  2. Gespräch mit Frau Jirschitzka-Löffler.
  3. StadtAE, 2/136-54.
  4. http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=549614&language=en#!prettyPhotogallery2/0/ (aufgerufen am 21.05.2015).
  5. Gernot Römer, Ein fast normales Leben, Erinnerungen an die jüdischen Gemeinden Schwabens, Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung der Stiftung Jüdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben 1995, Augsburg 1995, S. 95.
  6. Ebd., S. 95.
  7. Ebd., S. 95.
  8.   StadtAE, 2/136-54.
  9. BWA, K9/2102.
  10. Gernot Römer (Hg.), „An meine Gemeinde in der Zerstreuung.“ Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941 – 1949 (Materialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, Bd. 29), Augsburg, 2007, S.325.
  11. Ebd., S.37.
  12. Ebd., S.38.
  13. Ebd.
  14. Ebd.
  15. Ebd.
  16. Gesetz über die Mietverhältnisse mit Juden vom 30.04.1939, siehe Josep Walk (Hg.), Das Sonderrecht für die Juden im NS-Staat. Eine Sammlung der gesetzlichen Maßnahmen und Richtlinien – Inhalt und Bedeutung, 2. Auflage, Heidelberg 1996, S. 292 und http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/%C2%BBjudenh%C3%A4user%C2%AB (aufgerufen am 23.10.2014).
  17. http://www.stadtlexikon-augsburg.de/index.php?id=154&type=1000 (aufgerufen am 23.10.2014).
  18. Gernot Römer (Hg.), 2007, S. 38.
  19. http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=1683546&language=en#!prettyPhotogallery2/0/ und http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=549614&language=en#!prettyPhotogallery2/0/ (aufgerufen am 21.04.2015).
  20. http://www.datenmatrix.de/projekte/hdbg/spurensuche/content/content_spurensuche-05.htm (aufgerufen am 24.10.2014).
  21. http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=1683546&language=en#!prettyPhotogallery2/0/ und http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=549614&language=en#!prettyPhotogallery2/0/ (aufgerufen am 20.04.2015).
  22. http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=1370748&language=en#!prettyPhotogallery2/0/ (aufgerufen am 20.04.2015).
  23. http://www.datenmatrix.de/projekte/hdbg/spurensuche/content/pop-up-biografien-pach_irmgard.htm (aufgerufen am 23.10.2014).
  24. http://infoladen-zittau.de/gedenkkultur/philipp-und-julie-hann-ludwig-hann-pauline-heller-geborene-hann/ (aufgerufen am 23.10.14) und http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=630598&language=de#!prettyPhotogallery2/0/ (aufgerufen am 21.04.2015).
  25. http://www.datenmatrix.de/projekte/hdbg/spurensuche/content/pop-up-biografien-pach_irmgard.htm (aufgerufen am 23.10.2014).
Sources and literature
Internet:
Literature:

Gernot Römer, Ein fast normales Leben, Erinnerungen an die jüdischen Gemeinden Schwabens, Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung der Stiftung Jüdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben 1995, Augsburg 1995.

Gernot Römer (Hg.), "An meine Gemeinde in der Zerstreuung." Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941-1949 (Materialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, Bd. 29), Augsburg 2007.

Josep Walk (Hg.), Das Sonderrecht für die Juden im NS-Staat. Eine Sammlung der gesetzlichen Maßnahmen und Richtlinien – Inhalt und Bedeutung, 2. Auflage, Heidelberg 1996.