Kreszenz Winter
Geboren: 16.12. (oder 04.) 1863, Hummertsried bei Bad Waldsee
Gestorben: 31.05.1943, Auschwitz
Wohnorte
Augsburg, Brunnenbachweg 6
Augsburg, Gersthoferstraße Lagerplatz Kiernermühle
Augsburg, Fischerholz
Orte der Verfolgung
Deportation
nach Auschwitz
Ankunft am 14. März 1943
Weitere Informationen
Kreszenz Winter wird am 16. Dezember (oder am 16. April) 1863 in Hummertsried bei Bad Waldsee geboren. Ihre Mutter ist Johanna Winter, Händlerin aus Weil bei Landsberg. Ihr Vater wird im Familienbogen als „illegal“ bezeichnet. Kreszenz Winter ist ledig und hat laut Familienbogen 7 oder 8 Kinder:
Karl, geb. 25. Januar 1883, Josefa (oder Josef?), geb. 27. Januar 1886 in Roth, Jakob, geb. 9. Februar 1889 in Holzkirchen, Johann, geb. 9. Februar 1891 in Holzkirchen (möglicherweise sind Jakob und Johann identisch?), Maria, geb. 14. Mai 1894, Johanna, geb. 4. Dezember 1899, Rosalia, geb. 23. Februar xxxx und Rupert, geb. 26. März 1897.
In den Akten des Augsburger Wohlfahrtsamts steht als Geburtstag von Kreszenz der 16. Dezember 1863; in ihrem Familienbogen im Augsburger Stadtarchiv ist der 16. April 1863 angegeben, außerdem als „Heimat“ Allmendingen Ehringen (das ist Ehingen westlich von Ulm). Laut Familienbogen ist Kreszenz Winter Schirmhändlerin und Zigeunerin. Im 1905 erschienenen „Zigeunerbuch“ des bayerischen Kriminalisten Alfred Dillmann ist sie unter der Nummer W.3225 S 315 eingetragen (das ist im Familienbogen vermerkt). Kreszenz Winter wird 1907 für 2 Jahre aus Augsburg und dem Königreich Bayern ausgewiesen. Solche Ausweisungen waren ein gegenüber Sinti nicht selten angewandtes Strafmittel nach Delikten wie Handel ohne Gewerbeschein, Betrug oder Diebstahl, die alle im „Zigeunerbuch“ vermerkt waren.
Spätestens Anfang des Ersten Weltkriegs kommt Kreszenz Winter wieder nach Augsburg, diesmal aus Biberach. Als reisende Händlerin ist die jetzt 51-Jährige offenbar in ganz Schwaben unterwegs. Im Brunnenbachweg 6 nimmt sie am 3. Dezember 1914 Wohnung bei dem Schirmflicker Franz Lehmann. 11 Tage später zieht sie wieder aus, um dann am 23. Januar 1915 wieder zurückzukehren. Im Familienbogen steht die Anmerkung, man solle bei einer Neuanmeldung das Referat III verständigen – Kreszenz Winter steht offenbar weiter unter Kontrolle.
1937 taucht sie in Akten des Wohlfahrtsamts Augsburg auf, in denen es um die Räumung des Zigeuner-Lagerplatzes an der Kiernermühle bei Gersthofen geht. Kreszenz Winter ist jetzt eine alte Frau von 74 Jahren. In den Akten steht: „… hält sich bei ihrem Sohn, dem Winter Johann, im Wagen auf, hat keine Handelserlaubnis und gibt an, daß sie von ihrem Sohne Josef, der in Altötting Pferdehandel betreibe, unterstützt werde.“ Das Lager wird im März 1938 von der Polizei aufgelöst. Kreszenz Winter bleibt danach wohl bei ihrem Sohn Johann; wie er ist sie in den Augsburger Adressbüchern von 1940 bis 43 im Fischerholz verzeichnet.
Als 80 Jahre alte Frau wird Kreszenz Winter mit ihrer Familie im Frühling 1943 nach Auschwitz deportiert, im Rahmen der von Himmler veranlassten zweiten großen Deportation von Sinti und Roma. Im Häftlingsverzeichnis von Auschwitz finde ich sie unter der Nummer Z 3567 (Z für Zigeuner). Sie wird am 14. März 1943 im Lager angekommen sein, zusammen mit ihrer Enkelin Sofia Anne und deren Kindern, mit ihren Söhnen Rupert und Johann. Vermutlich wird sie in das so genannte Zigeuner-Familienlager in Auschwitz-Birkenau eingewissen, wo Tausende an Hunger, Gewalt und Seuchen umkommen. Kreszenz Winter starb am 31. Mai 1943 in Auschwitz.
Angela Bachmair
Rupert Winter
Johann Winter
Maria Reinhardt, geb. Winter
Ferdinand Reinhardt
Marie Reinhardt
Sofia Anna Winter
Fußnoten
Stadtarchiv Augsburg (StadtAA)
Familienbogen (FB):
– FB Kreszenz Winter
Einwohnerbuch der Stadt Augsburg 1940, Augsburg 1940.
Einwohnerbuch der Stadt Augsburg 1941, Augsburg 1941.
Einwohnerbuch der Stadt Augsburg 1942, Augsburg 1942.
Einwohnerbuch der Stadt Augsburg 1943, Augsburg 1943.
Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau in Zusammenarbeit mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma (Hg.), Gedenkbuch. Die Sinti und Roma im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau/Memorial Book. The Gypsies at Auschwitz-Birkenau/Księga Pamięci. Cyganie w obozie koncentracyjnym Auschwitz-Birkenau, 2 Bde., München/London/New York/Paris 1993, S. 256.
www.auschwitz.org
Angela Bachmair, Wir sind stolz, Zigeuner zu sein, Augsburg 2014.
Guenter Lewy, Rückkehr nicht erwünscht, München/Berlin 2001.
Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid, Hamburg 1996.