Josef Graf

Geboren:
30.11.1890, Kolbermoor
Gestorben:
20.11.1942, München/Strafanstalt Stadelheim

Wohnorte

Augsburg, Kurze Wertachstraße 16b

Letzter freiwilliger Wohnort

Orte der Verfolgung

München, Strafanstalt Stadelheim

Erinnerungszeichen

Am 23. Oktober 2019 wurde ein Erinnerungsband für Josef Graf angebracht.

Biografie

Aus Augsburg gibt es außer den Widerstandskämpfern Bebo Wager von den Revolutionären Sozialisten und Roland von Hößlin aus dem Kreis der Verschwörer vom 20.Juli 1944 drei weitere Opfer des Volksgerichtshofs. Es waren Arbeiter, die wegen angeblicher Wehrkraftzersetzung in den Jahren 1942, 43 und 44 zum Tod verurteilt wurden.

Einer von ihnen war Josef Graf. Er arbeitete als Aufzugführer bei Dierig im Werk Wertachspinnerei  an der Langenmantelstraße am Plärrer. Heute befindet sich in dem Gebäude ein Textilmarkt und ein Finesscenter. Er wohnte unweit von seinem Arbeitsplatz in der Kurzen Wertachstraße. Im Alter von 51 Jahren wurde er hingerichtet. Josef Graf stammte aus Kolbermoor. Dieser kleine Ort bei Bad Aibling war in der Weimarer Republik ähnlich wie Deuringen eine kommunistische Hochburg. Auch Josef Graf gehörte vor 1933 der KPD an und war auch danach im Werk durch seine unerschrocken geäußerten politischen Ansichten bekannt. Offen sprach er immer wieder seine Abneigung gegen die Nazis aus, so auch beim Attentat Elsers auf Hitler 1939. Obwohl er von der Werksleitung verwarnt wurde, verbreitete er weiter, was er vom Abhören englischer Sender über das Kriegsgeschehen wusste. Bei einer Wollsachensammlung für das Ostheer weigerte er sich  für Soldaten zu spenden, die sich nach Russland schicken lassen. Jahrelang konnte er unbehelligt solche Ansichten äußern, bis er im April 1942 denunziert und festgenommen wurde. Bei einer Vernehmung durch die Gestapo belastete ihn seine Frau schwer. In einem in der Haft geschriebenen Testament setzte er deshalb seine Schwester als Alleinerbin ein. Zu erben gab es allerdings kaum etwas. Außer seiner Frau sagten noch zehn Arbeiterinnen und Arbeiter aus dem Werk gegen ihn aus und machten sich mitschuldig an seinem Tod. Die Anklageschrift wirft ihm vor die Verfassung des Reichs mit Gewalt zerstören zu wollen. Für die Gewalt gibt es bei Graf keine Beweise und die Verfassung war längst von Hitler zerstört worden. Als besonders erschwerend führt Oberreichsanwalt Ernst Lautz an, der Angeklagte habe ausländische Sender abgehört. Dieser Lautz war auch Ankläger gegen die Männer des 20. Juli und wurde in den Nürnberger Prozessen zu zehn Jahren Haft verurteilt, aber nach sechs Jahren entlassen.

Im Sommer 1942 wurde Josef Graf vom Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Tod verurteilt. Das Urteil wurde am 20. November 1942 um 17.03 Uhr in München Stadelheim vollstreckt.

Ein Auszug aus seinen Abschiedsbriefen:

“Ich sterbe leicht, denn ich habe nichts Schweres verbrochen. Dass ich geredet habe, ist auch ein Verbrechen, das heute mit dem Tod bestraft wird. Meine letzten Gedanken sind bei euch und denkt öfter auch noch an mich. Das ist mein letzter Wunsch und betet auch mal ein Vaterunser für mich. Ich rufe euch ein letztes Lebewohl zu...Es ist heute den ganzen Tag der Herr Pfarrer bei mir und ich kann ruhig sterben. Er spricht schöne Trostworte zu mir und er betet für mich und so scheide ich halt von dieser Welt .“

Auf den Platten der Gedenkstätte im Westfriedhof sucht man seinen Namen vergebens. Selbst im Gräberverzeichnis des Perlacher Friedhofs der Toten von Stadelheim fehlt er.

Das Wirken der Richter blieb ungesühnt. Keiner der 570 Richter und Staatsanwälte wurde zur Rechenschaft gezogen. Bei zweien hat man es ohne Erfolg versucht. Aus dem Heer der Denunzianten wurden vier verurteilt. Sehr viele der Blutrichter blieben im Amt und dienten der Bundesrepublik. Der spätere Direktor des Landgerichts Augsburg Dr. Ferdinand Herrnreiter war vorher Staatsanwalt beim Volksgerichtshof gewesen. Der Witwe Freislers wurde 1974 eine höhere Pension bewilligt, weil, so war die Begründung, ihr Mann seine berufliche Karriere hätte fortsetzen können. Angesichts der Laufbahnen seiner Kollegen scheint das gar nicht so absurd. Die Justiz hat zwar die Täter aus Partei, SS und Wehrmacht abgeurteilt, die aus den eigenen Reihen aber geschont.

Die Biografie wurde von Alfred Hausmann erarbeitet.

Quellen- und Literaturverzeichnis
Unveröffentlichte Quellen:

Bundesarchiv, Außenstelle Ludwigsburg

  • Anklageschrift gegen Graf Josef (Vgh 6J/83/42, Bundessignatur R 3017, Archivnr. 2593)

Staatsarchiv Augsburg (StAA)
Amtsgericht Augsburg (AG Augsburg):

  • Nachlassakte Josef Graf VI 469/1959
Internet:
Literatur:

Hartmut Mehringer, Anton Grossmann und Klaus Schönhoven (Hg.), Bayern in der NS-Zeit, Band V, Die Parteien KPD, SPD, BVP in Verfolgung und Widerstand, München 1983, S. 283.

Helga Pfoertner, Mahnmale, Erinnerungsstätten, Erinnerungsorte für die Opfer des Nationalsozialismus in München 1933-1945, München 2001.

Irene Stuiber, Hingerichtet in München Stadelheim, München 2004.

Walter Wagner, Der Volksgerichtshof im nationalsozialistischen Staat, München 1974.