Josef Eder

Geboren:
14.03.1894, Landshut
Gestorben:
21.09.1943, Berlin-Charlottenburg/Strafanstalt Plötzensee

Wohnorte

Augsburg, Donauwörther Straße 161

Letzter freiwilliger Wohnort

Orte der Verfolgung

KZ Dachau

Berlin-Charlottenburg, Strafanstalt Plötzensee

Erinnerungszeichen

Das Anbringen eines Erinnerungszeichens ist geplant.

Biografie

Aus Augsburg gibt es außer den Widerstandskämpfern Bebo Wager von den Revolutionären Sozialisten und Roland von Hößlin aus dem Kreis der Verschwörer vom 20.Juli 1944 drei weitere Opfer des Volksgerichtshofs. Es waren Arbeiter, die wegen angeblicher Wehrkraftzersetzung in den Jahren 1942, 43 und 44 zum Tod verurteilt wurden.

Ein Opfer des Volksgerichtshofs war der 1894 geborene Josef Eder aus Oberhausen. Auch er war vor 1933 Mitglied der KPD und des Rotfrontkämpferbunds. Schon am 10.März 1933 war er verhaftet und im Mai mit anderen Augsburger Kommunisten und Sozialdemokraten ins soeben eröffnete KZ Dachau gebracht worden. Einer von ihnen, Johann Aechter, erinnerte sich: “ Am 5. Mai wurden wir nach Dachau transportiert in einem Omnibus der grünen Polizei. Dort angekommen wurden wir von der SS mit Ochsenziemern aus dem Omnibus geprügelt und mussten Spießrutenlaufen durch SS Kordon, die auf uns einschlugen. In Reih und Glied vor der Kommandantur angetreten stand vor uns der Kommandant Wäckerle mit der Transportliste in der Hand. Der Kommandant sah auf die Liste und sagte: „ Die Meuterer von Aichach Aechter, EDER, Pröll, Urban rechts raus!“ Wir wurden von den SS Männern Schmaus und Ehmann in den Schubraum getrieben. Auf dem Weg traten uns die beiden mit den Stiefeln in die Fersen, die Haut hing in Fetzen herunter...“ Am 29. Januar 1935 kam Eder wieder frei. Er wohnte in der Donauwörther Straße 161 und arbeitete als Maler.

In den Jahren 1941 und 1942 äußerte er bei seiner Arbeit Kundinnen gegenüber seine Ablehnung des Nationalsozialismus und wurde denunziert. So sagte er 1941, als Lebensmittelzuteilungen gekürzt wurden, der Reichsmarschall (Göring) habe gesagt, wir hätten für acht Jahre Getreide. Nun sehe man, was von solchen Reden zu halten sei. Als die Frau argumentierte, man müsse ja auch die besetzten Gebiete ernähren, wandte Eder ein, dass man diese Gebiete zuerst ausgeraubt habe. Einer anderen Kundin riet er in alten Zeitungen nachzulesen, was der Führer alles versprochen habe und sagte, dass in den besetzten Gebieten Frauen und Kinder erschossen würden. Da sei es nicht verwunderlich, wenn deutsche Städte wie Augsburg bombardiert würden. Am 14.7.1943 wird Josef Eder vom Volksgerichtshof zum Tod und dauerndem Ehrverlust verurteilt. Das Urteil schließt: „ Wer so im Kriege unseren Glauben an den Führer zu untergraben sucht, indem er behauptet dieser habe sein Wort nicht gehalten, wer so die Ehre unserer kämpfenden Soldaten beschmutzt und behauptet, sie erschössen Frauen und Kinder, der zersetzt damit unseren Wehrwillen. Ein solcher Mann hat seine Ehre für immer verwirkt und er muss deshalb (§ 5 KSSVO) mit dem Tode bestraft werden.“

Der Todeskandidat war in der Strafanstalt Plötzensee inhaftiert. In der Nacht zum 4. September 1943 hatte die Royal Air Force den Norden Berlins angegriffen und auch die Strafanstalt getroffen. Im Bericht einer Kommission heißt es: „ Im Hinrichtungsraum war das Dach abgedeckt und das Fallbeil vom Brand angegriffen, aus der Bettung ausgebrochen und lag am Boden. Von der Vorrichtung zum Hängen ist die Querstange mit den verschiebbaren Haken noch vorhanden.Fraglich ist aber, ob eine der Seitenwände sicher ist. In dem an die Hinrichtungsstätte angrenzenden Bau, in dem die zum Tode Verurteilten einsaßen, ist so viel zerstört, dass Räumung notwendig war. Durch den Luftdruck, Detonieren von Sprengbomben sind die Zellen teilweise aufgesprungen, der Verschluss wurde dabei aus der Wand gerissen.“ Zu dieser Zeit saßen in Plötzensee etwa 300 zum Tod Verurteilte, darunter der Augsburger. Weitere Hinrichtungen schienen zunächst nicht möglich, weil auch die Guillotine nicht mehr einsatzfähig war. Doch dann ermordete man in einer einzigen Nacht vom 7. auf den 8. September von 19.30 Uhr bis 8.30 Uhr 186 Verurteilte durch Erhängen. Alle 35 Minuten wurde eine Gruppe von acht Personen durch den Scharfrichter und drei Gehilfen gerichtet. Innerhalb von fünf Tagen hatte die Zahl der Getöteten 250 weit überschritten.

Am 21. September wurde Josef Eder hingerichtet. In der Gedenkstätte auf dem Westfriedhof findet man eine Platte mit seinem Namen, bestattet ist er dort nicht. Die Richter des Volksgerichtshofs erfüllten nach eigenem Verständnis die „volkshygienische“ Aufgabe den „ Volkskörper vor giftiger Ansteckung zu bewahren.“ Dazu verhängten sie 5.324 Todesurteile. Es reichte ein mutiges oder auch nur unvorsichtig ausgesprochenes freies Wort, es genügte das Erzählen eines politischen Witzes oder das Abhören eines ausländischen Senders, um sein Leben zu verlieren.

Das Wirken der Richter blieb ungesühnt. Keiner der 570 Richter und Staatsanwälte wurde zur Rechenschaft gezogen. Bei zweien hat man es ohne Erfolg versucht. Aus dem Heer der Denunzianten wurden vier verurteilt. Sehr viele der Blutrichter blieben im Amt und dienten der Bundesrepublik. Der spätere Direktor des Landgerichts Augsburg Dr. Ferdinand Herrnreiter war vorher Staatsanwalt beim Volksgerichtshof gewesen. Der Witwe Freislers wurde 1974 eine höhere Pension bewilligt, weil ,so war die Begründung, ihr Mann seine berufliche Karriere hätte fortsetzen können. Angesichts der Laufbahnen seiner Kollegen scheint das gar nicht so absurd. Die Justiz hat zwar die Täter aus Partei, SS und Wehrmacht abgeurteilt, die aus den eigenen Reihen aber geschont.

Die Biografie wurde von Alfred Hausmann erarbeitet.

Quellen- und Literaturverzeichnis
Unveröffentlichte Quellen:

Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau

  • Auskunft von Herrn Knoll am 27.11.2015

Bundesarchiv Koblenz

  • Anklageschrift  R/60 I/553, und Urteil vom 14.7.1943 (5J101/43-BS 5/43)

Staatsarchiv Augsburg
Bayerisches Landesentschädigungsamt:

  • Az EG 10 332-Za-9f

Amtsgericht Augsburg (AG Augsburg):

  • Nachlassakte VI 653/1958
Internet:
Literatur:

Victor von Gostomski, Walter Loch, Der Tod von Plötzensee, Frankfurt 1993, S. 79.

Hartmut Mehringer, Anton Grossmann und Klaus Schönhoven (Hg.), Bayern in der NS-Zeit, Band V, Die Parteien KPD, SPD, BVP in Verfolgung und Widerstand, München 1983, S. 177.

Walter Wagner, Der Volksgerichtshof im nationalsozialistischen Staat, München 1974, S. 287.