Ernst Lossa

Geboren:
01.11.1929, Augsburg
Gestorben:
09.08.1944, Kaufbeuren-Irsee

Wohnorte

Augsburg, Wertachstraße 1

Letzter freiwilliger Wohnort

Orte der Verfolgung

04.07.1933: Kinderheim Augsburg-Hochzoll

15.02.1940: Jugenderziehungsheim Indersdorf

20.04.1942: Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren

05.05.1943: Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee

Erinnerungszeichen

Am 4. Mai 2017 wurde ein Stolperstein für Ernst Lossa in der Wertachstraße 1 verlegt.

Biografie
Ernst Lossa.

Ernst Lossa wurde am 1. November 1929 in Augsburg geboren. Seine Familie gehörte den Jenischen an, einem Bevölkerungsteil, der wie andere im NS-System verfolgt wurde. Seitens der Fürsorgebehörde wurde diese Minderheit besonders beobachtet, galten Jenische weithin als „asozial“ oder wurden als „Zigeuer“ beschimpft.

In den wärmeren Monaten verdiente die Familie als Fahrende durch die Restauration von Kirchenfiguren ihr Geld. Die Familie wohnte in der Wertachstraße 1. 1933, nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten, verschärfte
sich der Umgang mit „Asozialen“. Gegen den Willen seiner kranken Mutter wurden Ernst und seine zwei Schwestern ins Kinderheim Hochzoll gesteckt. Von dort aus besuchte er später die Schule. Die Mutter verstarb 1933 wahrscheinlich an Tuberkulose.

Ernst wurde auffällig durch Diebstähle. Die Hintergründe sind unklar. Eigestuft als „unerziehbar“, wurde er am 15. Februar 1940 in das Jugenderziehungsheim Indersdorf eingewiesen. Auch hier wurden ihm Diebstähle vorgeworfen. Im Gutachten der Psychologin Katharina Hell hieß es dann es handle sich „zweifellos um einen an sich gutmütigen, aber völlig willenlosen, haltlosen, fast durchschnittlich begabten, triebhaften Psychopathen“. Eine Längengleichheit von Ring- und Zeigefinger an der rechten Hand wurde von ihr als „Degenerationszeichen“ festgehalten. Nachdem sie keine Besserung der „starken Triebhaftigkeit“ attestierte, erfolgte im April 1942 die Einweisung von Ernst in die Kinderfachabteilung der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren.

Anna, Ernst und Amalie Lossa.

Spätere Aussagen von Mitarbeitern beschreiben Ernst als liebenswürdig und hilfsbereit. Er wurde geschätzt. Er fiel wiederum durch Diebstähle auf. Z.B. stahl er Brot, um dies an hungernde Insassen zu verteilen. Aufgrund des Vermerks „Gewalttätigkeiten“ wurde er in die Männerabteilung verlegt.

Gemäß späteren Zeugenaussagen hat Ernst das Kaufbeurer System wohl durchschaut und von gezielten Tötungen in der Anstalt gewusst. Am 5. Mai 1943 wurde Ernst in die Zweiganstalt Irsee verlegt. Dort erfolgte am 9. August 1944, im Alter von 14 Jahren, die Ermordung von Ernst durch eine tödliche Spritze, von der Krankenpflegerin Pauline Kneissler im Beisein des ärztlichen Leiters Valentin Faltlhauser injiziert. Als Todesursache wurde im Leichenschauschein durch den Oberarzt Lothar Gärtner „Bronchopneumonie“ (Lungenentzündung) vermerkt.

Die nationalsozialistische Rassenlehre brachte u.a. seinen Vater 1936 ins KZ Dachau und später ins KZ Flossenbürg wo dieser am 30. Mai 1942 umkam.

Die Strafverfolgung durch die Amerikaner nach dem Krieg verurteilte 1949 den leitenden NS-Euthanasie-Arzt Valentin
Faltlhauser zu drei Jahren Haft wegen „Anstiftung zur Beihilfe zum Totschlag“. Seine amerikanische Internierungszeit von 16 Monaten wurde voll angerechnet. Die Reststrafe wurde durch die Landesregierung erlassen. Die Krankenschwester Pauline Kneissler wurde 1948 wegen zahlreicher NS-Euthanasie-Tötungsdelikte zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.

Die Lebensgeschichte von Ernst Lossa wurde von Robert Domes unter dem Titel „Nebel im August“ 2008 veröffentlicht und unter demselben Titel von Kai Wessel verfilmt und kam 2016 in die Kinos.

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Kreisverband Augsburg

Angehörige
Quellen- und Literaturverzeichnis
Veröffentlichte Quellen:

Initiativkreis Stolpersteine für Augsburg und Umgebung
(https://stolpersteine-augsburg.de/)
– Foto: Stolperstein

Internet: