Augsburg, Bahnhofstraße 18 (bis 1906)
Augsburg, Hermannstraße 1 (1906 – 1920)
Augsburg, Schaezlerstraße 13/I (1920 – 1936)
Schaan/Fürstentum Liechtenstein, Landstraße 62 (1936)
Vaduz/Fürstentum Liechtenstein, Schlössle (1936 – 1937)
Marktoberdorf, Tigaustraße 41 1/5 (1937)
Augsburg, Gesundbrunnenstraße 3 (1937 – 1939)
Augsburg, Frölichstraße 12 ½ (1939 – 1941)
Auf Befehl der Gestapo München vom 27.09.1941 in Augsburg verhaftet.
Am 08.11.1941 als Schutzhäftling in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überstellt.
Am 08.06.1942 im Rahmen der Aktion „14 f 13“ in der NS-Tötungsanstalt Bernburg/Saale mit Kohlenmonoxid vergiftet. Todesdatum und -ort wurden vom SS-Standesamt Ravensbrück II gefälscht; das tatsächliche Todesdatum ist nicht bekannt.
Lotte, wie sie sich nannte, ist die jüngste Tochter von Karl und Anna Schwarz.1 Ihr Vater kommt Ende des 19. Jahrhunderts aus Steppach nach Augsburg. Dort erwirbt er ein stattliches Anwesen am Predigerberg 9, zu dem neben einer Reihe von Wohnungen und Zimmern auch die historische „Gaststätte zum Mohrenkopf“ gehört. Zusammen mit seinem Bruder Heinrich betreibt er dort auch eine Eisenwarenhandlung.2 Ab 1920 bewohnt die Familie eine herrschaftliche Mietwohnung in der Schaezlerstraße 13.3
Wie ihre beiden deutlich älteren Schwestern, Emmy und Hansi, besucht auch Lotte eine höhere Schule, das evangelische „Von Stetten“.4 Die großen Schwestern sind schon verheiratet und haben Kinder als der Vater 1926 stirbt. Lotte macht eine Ausbildung zur Sekretärin und arbeitet drei Jahre in Spanien,5 vermutlich bei einem dort tätigen Augsburger Maschinenbauunternehmen.
1933 heiratet sie in München den Geschäftsmann und Hauptmann a. D., Wilhelm Eckart,6 einen katholischen Nicht-Juden – mit einer Ausnahmegenehmigung der Erzdiözese wegen Religionsverschiedenheit auch kirchlich.7 Eckart verstirbt jedoch bereits 1934.8
Im folgenden Jahr sucht die junge Witwe Kardinal Faulhaber, den Erzbischof von München und Freising auf, der ihren verstorbenen Gatten noch aus dem Weltkrieg kannte und schätzte. Lotte möchte getauft werden. Faulhaber vertröstet sie, nimmt sich ihrer aber väterlich an, steckt ihr wiederholt Geld zu und trifft sie bis 1940 insgesamt 14 Mal zu persönlichen Unterredungen.9
1936 wird Charlotte Eckart Atemlehrerin in Liechtenstein, wo sie eine Atemschule eröffnet.10 In Liechtenstein wird sie auch schwanger. Den vermutlich nicht-jüdischen Vater gibt sie nicht an, um nicht den Verdacht der „Rassenschande“ auf sich zu lenken.
1937 wird sie auf Empfehlung von Kardinal Faulhaber dann tatsächlich getauft11 und 13 Tage später auch ihre neugeborene Tochter Gabriele.12 Da die Geburt „illegitim“, also unehelich, ist, erhält das Kind den Mädchennamen der Mutter, Schwarz, während die Mutter selbst den Ehenamen, Eckart, behält. Die kleine Gabi wird auf einem Bauernhof im Allgäu als Pflegekind untergebracht13 und wächst in idyllischer Natur auf.
Am 27. Dezember 1937 wird Lotte von Kardinal Faulhaber gefirmt14 und mit einer Empfehlung für Amerika ausgestattet.15 Im Sommer 1938 besucht sie die Vereinigten Staaten als Touristin,16 vermutlich um sich nach Arbeitsmöglichkeiten als Atemlehrerin umzusehen. Wieder zurück bemüht sie sich weiter mit Hilfe des katholischen St. Raphaels-Vereins in Hamburg und der Hilfsstelle beim Bischof von Berlin um die Auswanderung zusammen mit ihrer Tochter.17 Doch alle Bemühungen scheitern.
Auf Befehl der Gestapo München vom 27. September 1941 wird Lotte in Augsburg verhaftet18 und am 8. November 1941 als Schutzhäftling an das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überstellt.19 Im Rahmen der „Sonderbehandlung 14 f 13“ wird sie als Jüdin in der NS-Tötungsanstalt Bernburg mit Kohlenmonoxid umgebracht.20 Todesdatum und -ort sind von der SS gefälscht.
Ihre Tochter Gabriele wird 1943 im Alter von fünf Jahren in Auschwitz ermordet.21
Leo Hiemer
Archiv der kath. Pfarrgemeinde St. Martin, Marktoberdorf
Taufbuch Bd. XVI 1930–1942
Archiv Leo Hiemer
Erich Mayerhofer aus dem Archiv der A. B. von Stettenschen Stiftungen an den Autor, 22.11.2009
Erzbischöfliches Archiv München
St. Bonifaz, München, Trauungsregister
Nachlass Faulhaber 8426, 9400
Nachlass Faulhaber 10016, Michael von Faulhaber, Tagebucheintrag 28.02.1935 (verfügbar unter http://www.faulhaber-edition.dedokument.html?
docidno=10016_1935-02-28_T01) und 28.08.1935 (verfügbar unter http://www.faulhaber-edition.de/dokument.html?
docidno=10016_1935-08-28_T01&sortby=year) (=Erzbischöfliches Archiv München Nachlass Faulhaber 10016) sowie
10017: 08.07.1936, 10.07.1937; 10018: 27.12.1937, 04.01.1938, 11.01.1938, 18.01.1938, 31.10.1938; 10019: 30.09.1940, 18.12.1940.
Diözesanarchiv Berlin
I/1-40
National Archives at New York City
Passenger and Crew List of Vessels Arriving at New York, New York, 1897–1957, Microfilm Publication T715_6158, 26.05.1938 (eingesehen bei ancestry.de)
Sächsisches Staatsarchiv Leipzig (SäStAL)
Gefängnisbuch Leipzig PP-S 8519 Nr. 9642
Staatsarchiv Augsburg (StAA)
Wiedergutmachungsbehörde Schwaben V 967 LEA 74213 K-Akte Nr. 2511
Staatsarchiv München (StAM)
Oberfinanzdirektion 8741 Entziehungsakte Gabriele Schwarz
Spruchkammerakt K 1504 Seelos Hans
Staatsarchiv Nürnberg (StAN)
Polizeipräsidium Nürnberg-Fürth 810 Nr. 1921, Gefangenenbuch des Nürnberger Polizeigefängnisses
Stadtarchiv Augsburg (StadtAA)
Hausbogen (HB):
HB Schaezlerstraße 13
Meldebogen (MB):
MB Karl Schwarz, Nr. 1357
Stadtarchiv München (StadtAM)
1088/1933
Leo Hiemer, Gabi (1937-1943). Geboren im Allgäu – Ermordet in Auschwitz. Erscheint 2019 im Metropol-Verlag, Berlin.
Ute Hoffmann/Dietmar Schulze, „... wird heute in eine andere Anstalt verlegt“. Nationalsozialistische Zwangssterilisation und 'Euthanasie' in der Landes-Heil und -Pflegeanstalt Bernburg – eine Dokumentation, hrsg. vom Regierungspräsidium Dessau 1997.