Benno Höchstädter

Geboren:
21.02.1887, Krumbach-Hürben
Gestorben:
Todestag nicht bekannt, Auschwitz

Wohnorte

Krumbach-Hürben
Augsburg, Königsplatz
Augsburg, Bahnhofstraße 16
Augsburg, Kaiserstraße 55 (heute Konrad-Adenauer-Allee)
Augsburg, Hochfeldstraße 31

Letzter freiwilliger Wohnort

Orte der Verfolgung

Deportation
am 8. oder 9. März 1943
von Augsburg
über München-Berg am Laim
nach Auschwitz

Biografie

Benno Höchstädter wurde am 21. Februar 1887 in Krumbach-Hürben geboren.1 Seine Eltern waren Salomon und Karolina Höchstädter, geborene Gump.2 Sein Vater arbeitete als Kaufmann in Hürben und seine Mutter stammte aus einer Pferdehändlerfamilie.3 Die Eltern hatten insgesamt sechs Kinder: Benno war das jüngste.4

1910 zog er mit 23 Jahren nach Augsburg in eine Wohnung am Königsplatz, zwei Jahre später in die Bahnhofstraße 16 und dann in die Kaiserstraße 55, die heutige Konrad-Adenauer-Allee.5 Er heiratete 1920 Karolina Neumann, die 1892 in Nördlingen geboren war.6 Die beiden bekamen zwei Söhne: Fritz wurde 1921, Paul 1923 geboren.7

Benno war zusammen mit seinem Schwager Herrmann Wolf Inhaber einer Baumwollwarengroßhandlung am Elias-Holl-Platz. Die beiden führten den Betrieb unter dem Namen, unter dem er schon 1796 gegründet worden war. Dieser lautete „Herrmann Gscheidlen“. Aus den Akten geht hervor, dass in der Firma 1929 drei kaufmännische Angestellte, ein Lehrling und ein Arbeiter beschäftigt wurden.8

Inwieweit die Firma nach der nationalsozialistischen Machtübernahme direkt von den antisemitischen Ausgrenzungsmaßnahmen, wie z. B. dem Aprilboykott 1933 betroffen war, ließ sich nicht ermitteln. Sicher ist jedoch, dass Benno Höchstädter und Herrmann Wolf spätestens Anfang 1939 nicht mehr Inhaber des Geschäfts waren, da bis dahin die Augsburger jüdischen Gewerbebetriebe entweder aufgelöst, abgewickelt oder gewerbepolizeilich abgemeldet waren.9

Die Höchstädters hatten ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage verloren und wurden zudem gezwungen, Ende 1938 ihre Wohnung in der Kaiserstraße 55 zu verlassen und in ein sogenanntes Judenhaus in der Hochfeldstraße 31 zu ziehen.10

1939 musste Benno Höchstädter, wie alle anderen Augsburger Juden auch, seine Wertsachen beim Städtischen Leihamt abgeben. Es handelte sich dabei um zwei goldene Taschenuhren, Tafelsilber, silberne Becher und eine Schreibmaschine.11 Das Ehepaar musste darüber hinaus auch Zwangsarbeit leisten: Benno arbeitete von Ende Juli 1940 bis Mitte Februar 1941 bei der Hoch- und Tiefbau Firma Schaffner in Augsburg, Karolina von Ende Dezember 1941 bis Anfang 1943 in der Ballonfabrik Augsburg.12 Am 8. oder 9. März 1943 wurden Benno und Karolina Höchstädter von Augsburg über München-Berg am Laim nach Auschwitz deportiert.13 Laut Irma Lichtenauer, die ebenfalls an diesem Tag deportiert wurde, kamen sie am 16. März in Auschwitz an. Ihrer Aussage zufolge wurde das Ehepaar Höchstädter an diesem Tag das letzte Mal gesehen.14

Die beiden Söhne Fritz und Paul Höchstädter konnten 1939 mit einen sogenannten Kindertransport nach England gebracht werden und so vor den Verfolgungsmaßnahmen der Nationalsozialisten gerettet werden.15

Dies ist ein Auszug aus der Biografie, die von Chiara Bolay, Schülerin des Oberstufenjahrgangs 2013/2015 am Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen, im Rahmen des W-Seminars „Opfer der Judenverfolgung während der NS-Zeit im Raum Augsburg“ im Fach Geschichte erarbeitet wurde.

Fußnoten
  1. StaatsAA, AG Augsburg VI 753/46, 754/46.
  2. http://www.geni.com/people/Benno-H%C3%B6chst%C3%A4dter/6000000027167070715 (aufgerufen am 19.10.2014).
  3. http://jgbs.org/detail.php?book=marriage&id= 6771&mode= (aufgerufen am 27.08.2015).
  4. http://jgbs.org/SuperSearch.php?Sp=3&Book=birth&Com=11 (aufgerufen am 27.08.2015).
  5. StaatsAA, AG Augsburg VI 753/46, 754/46; Gernot Römer (Hg.), "An meine Gemeinde in der Zerstreuung." Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941-1949 (Materialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, Bd. 29), Augsburg 2007, S. 258.
  6. Ebd.
  7. Gernot Römer, 2007, S. 258.
  8. BWA, K 9.1/7161.
  9. Winfried Nerdinger (Hg.), Bauten erinnern. Augsburg in der NS-Zeit, Berlin 2012, S. 168.
  10. Gernot Römer, 2007, S. 258.
  11. StaatsAA, W.B. V a 935.
  12. Gernot Römer, 2007, S. 258.
  13. http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_bay_43a.html (aufgerufen am 27.08.2015); http://www.statistik-des-holocaust.de/OT430313-8a.jpg (aufgerufen am 27.08.2015); Maximilian Strnad, Zwischenstation "Judensiedlung". Verfolgung und Deportation der jüdischen Münchner 1941 – 1945 (Studien zur jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern, Bd. 4), München 2011, S. 140.
  14. StaatsAA, AG Augsburg VI 753/46, 754/46.
  15. Gernot Römer, 2007, S. 258f.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Unveröffentlichte Quellen:

Bayerisches Wirtschaftsarchiv (BWA)
Bestand IHK Augsburg, Firmenakten:
K 9.1/7161

Staatsarchiv Augsburg (StaatsAA)
Amtsgericht  Augsburg (AG Augsburg):
VI 753/46, 754/46

Bestand Wiedergutmachungsbehörde für Schwaben (W.B. V):
W.B. V a 935

Internet:
Literatur:

Winfried Nerdinger (Hg.), Bauten erinnern. Augsburg in der NS-Zeit, Berlin 2012.

Gernot Römer (Hg.), "An meine Gemeinde in der Zerstreuung." Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941-1949 (Materialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, Bd. 29), Augsburg 2007.

Maximilian Strnad, Zwischenstation "Judensiedlung". Verfolgung und Deportation der jüdischen Münchner 1941 – 1945 (Studien zur jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern, Bd. 4), München 2011.