Albert Bein

Geboren:
21.03.1879, Augsburg
Gestorben:
Todestag und Todesort nicht bekannt

Wohnorte

Augsburg, Elisenstraße 1/I

Letzter freiwilliger Wohnort

Orte der Verfolgung

Deportation
am 2. April 1942
von Augsburg
über München-Milbertshofen
nach Piaski

Biografie

Eltern

Albert Beins Vater Alexander Bein wurde am 11. April 1848 in Unsleben, Bezirksamt Neustadt an der Saale, geboren und war Kaufmann.1 Seine Mutter  Clara Bein, geb. Schwab kam am 17. Januar 1846 in Heidingsfeld, Bezirksamt Würzburg, zur Welt.2

Das Paar bekam 9 Kinder und wohnte, nachdem sie am 7. März 1876 gemeinsam von Königshofen nach Augsburg gekommen waren, im zweiten Stock der Elisenstraße 1.3 Am 9. März 1876, direkt nach ihrem Umzug in die neue Stadt, meldete Alexander Bein die Käsegroßhandlung „Gebrüder Bein“ an4 , die er zusammen mit seinem Bruder Seligman im ersten Stock des Hauses betrieb.5 Das Anwesen gehörte der Familie.6

Seit 1883 war Alexander Bein Bürger der Stadt Augsburg.7

Albert Bein

Albert Bein wurde am 21. März 1879 in Augsburg geboren.8 Aus den Akten ging nicht hervor, welche Schulen er besuchte.

So wie es scheint, war er nicht verheiratet und hatte keine Kinder.9 In seinen Jugendjahren soll er als „starker Mann“ im Zirkus aufgetreten sein.10

Geschwister

Max Bein

Max Bein wurde am 4. Oktober 1873 in Königshofen geboren und starb am 12. März 1896 in Norfolk/USA. Nach Angabe des Vaters war Max dorthin ausgewandert und dann gestorben.11

Sigmund Bein

Sigmund Bein wurde am 30. Juni 1876 geboren12 und heiratete am 7. Dezember 1903 Theresia Schwab, mit der er die Kinder Claire und Siegbert bekam.13 Im ersten Weltkrieg diente er beim Bayerischen Landwehr Infanterie-Regiment Nr. 1 der 2. Kompanie, bis er schließlich zur „Arbeitsleistung im eigenen Betrieb“14 entlassen wurde. In der NS-Zeit floh er zusammen mit seiner Frau sowie seinen erwachsenen Kindern Siegbert und Claire von Holland nach England. Aufgrund von Minengefahr konnte das eigentliche Schiff nicht ausfahren. Siegbert fand ein Fischerboot, das sie mitnahm. Kurz vor Ankunft in England wäre das Boot fast in eine Mine gefahren, konnte aber durch Losten noch gerettet werden.15 Sigmund und Theresie lebten dann in London.16

Die Tochter Claire wurde von ihrem Mann Siegbert van Wien und ihrer Tochter Beate getrennt. Diese mussten in Holland zurückblieben, schafften es aber erfolgreich unterzutauchen.17

Babette Bein

Babette Bein, geboren am 27. April 1875 in Königshofen18 , heiratete am 5. Januar  1898 den niederländischen Kaufmann Benjamin van Wien.19 Sie lebten eine Zeit lag in München20 , bevor sie nach Haarlem in den Niederlanden auswanderten.21 Der letzte Wohnsitz der beiden befand sich in Amsterdam22 , wo auch deren beiden Söhne Siegbert-Arthur und Max23 wohnten. Babette starb in Amsterdam am 5. November 1951.24

„Knabe“

Im Mai 1880 wurde ein „Knabe“ geboren, der keinen Namen bekam, weil er am selben Tag verstarb.25

Hugo Bein

Am 15. Oktober 1881 wurde Hugo Bein geboren.26 Er war ein Handelslehrling und zog nach München. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er für Deutschland und erlag am 15. Dezember 1918 im Lazarett Schwabing seinen Kriegsverletzungen.27

Tekla Bein

Tekla Bein wurde am 8. Oktober 1883 geboren und heiratete am 23. April 1906 in Augsburg den Kaufmann Leo Lehrburger aus München.28

Arthur Bein

Am 11. Februar 1887 wurde Arthur Bein geboren.29 1907 zog er nach München in die Pettenkoferstraße 7 und war bei Heinrich Lösch & Kompanie als Lehrling beschäftigt.30 Er wanderte am 30. Juni 1936 in die Niederlande aus31 , nachdem er fast 22.000 RM Reichsfluchtsteuer an das NS-Regime gezahlt hatte.32 Außerdem wurde sein „Inlandsvermögen“, das über 50.000 RM betrug, nach seiner Auswanderung von der Gestapo beschlagnahmt.33 In den Niederlanden wurde er 1943 inhaftiert und am 29. Juni von Westerbork in das Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo er am 2. Juli 1943 ermordet wurde.34

Elsa Bein

Elsa Bein wurde am 17. Februar 1889 geboren und heiratete am 9. Dezember 1912 in Augsburg den Kaufmann Salomon Gattmann aus Heidingsfeld35 , dem Geburtsort ihrer Mutter. Anschließend wohnten sie zusammen in Stuttgart.36

Käsegroßhandlung Gebrüder Bein

Wie bereits erwähnt, wurde die Käsegroßhandlung der Gebrüder Bein 1876 gegründet.37 Sie ließen sich ihre Waren mit der Bahn und mit Kraftwagenverkehr liefern und verschickten sie auch mit der Bahn an ihre Kunden.38

Am 16. Januar 1908 meldete Alberts Vater die Käsegroßhandlung ab.39 Noch am selben Tag meldeten Albert sowie seine Brüder Sigmund und Hugo die Käsegroßhandlung neu auf ihre Namen an.40 Es ist möglich, dass die Übergabe an die Söhne auch mit einer langjährigen Krankheit des Vaters zusammenhing, er starb im September desselben Jahres.41 Ihre Mutter Clara Bein war schon am 30. März 1898 gestorben.42

Den Brüdern gehörte seit dem 28. Oktober 1908 das Haus in der Elisenstraße, in dem sie auch zusammen wohnten.43 In den Akten des Landesentschädigungsamtes wird mit der Hermanstraße 3 eine weitere Wohnadresse für Albert Bein genannt, die aber sonst in keiner weiteren Quelle genannt wird.44

Gebrüder Bein. (Bayerisches Wirtschaftsarchiv)

Albert und Sigmund meldeten wiederum am 17. Dezember 1920 das Geschäft ab und ohne ihren Bruder Hugo wieder neu an45 , da dieser im Ersten Weltkrieg gestorben war.46

Sie erweiterten 1922 das Sortiment mit Butter und Milch.47

Auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten schienen die Geschäfte noch gut gegangen zu sein: 1934 machte der Betrieb einen Umsatz von fast 300.000 Reichsmark48 und die Brüder hatten 21 Mitarbeiter und einen Lehrling.49

Dies änderte sich für die Gebrüder Bein in den folgenden Jahren. Am 19. November 1937 wurde die Großhandlung erneut abgemeldet, dieses Mal wurde der Betrieb wahrscheinlich „arisiert“, also zwangsverkauft.50

Die Großhandlung wurde von Johann Schötz, einem nicht-jüdischen Butter- und Käsehändler, „abgelöst“.51 Die Käsegroßhandlung Schötz bestand bereits seit 1909 und hatte ihre Waren seit langem von den Gebrüdern Bein bezogen.52 Bereits im August 1937 verlagerte Johann Schötz, vorerst nur mietweise, sein Geschäft in die Elisenstraße 1.53

Am 22. Februar 1939 schlossen die Brüder Albert und Sigmund Bein einen Kaufvertrag mit der Familie Schötz ab.54 Das Ehepaar Johann und Maria Schötz, das zuvor in der Maximilianstraße 9 gewohnt hatte, erwarben das Anwesen in der Elisenstraße 1 und alle dazugehörenden Restanteile und Rechte.55 Das Anwesen bestand aus einem Wohnhaus, einem Vorgarten, einem Käselagerhaus, einer Waschküche und einem Hofraum.56 Außerdem erhielt das Ehepaar durch den Kauf noch verschiedene Öfen mit Gas- und Kohlebetrieb, einen Küchenherd und einen Lastenaufzug mit elektrischem Motor.57

Der vereinbarte Kaufpreis betrug 34.500 RM und die Besitzübergabe fand am 1. April 1939 statt.82 Allerdings mussten die Gebrüder Bein von diesem Betrag selbst fast 16.000 RM übernehmen, die als Aufwertungshypotheken und Darlehensforderung dienten.58 Somit war der Restbetrag, den das Ehepaar Schötz noch zu entrichten hatte, ca. 18.670 RM.59 Bis zum Termin der Übergabe war es Albert Bein gestattet, die von ihm bewohnten Räume im verkauften Anwesen „bis zu seiner beabsichtigten Auswanderung oder bis zum Termin der Übergabe“60 am 1. April gegen Entrichtung einer Entschädigung von 80 RM/Monat, was dem derzeitigen Mietwert der Wohnung entsprach, zu benutzen.61

Der Kaufpreis wurde den Brüdern aber nicht direkt ausbezahlt, sondern auf ein Sperrkonto der Deutschen Bank einbezahlt, auf das sie keinen Zugriff hatten.62

Antrag auf Rückerstattung

Sigmund Bein stellte am 14. April 1949 einen Antrag auf Rückerstattung an das Zentralanmeldeamt in Bad Nauheim.63 Bei dem Streitwert handelt es sich um den Betrag von 34.500 RM, der Albert und Sigmund für den Verkauf ihres Hauses 1939 zustand, allerdings nie an sie entrichtet worden war. Da Albert Bein von den Nationalsozialisten ermordet worden war, meldete Sigmund Bein den Rückerstattungsanspruch an.64 Weil das verkaufte Anwesen aus jüdischem Besitz stammte, unterlag es der „Wiedergutmachung“ und Wolfgang Schötz, der Sohn von  Johann und Maria Schötz, musste schließlich 15.000 Mark an Sigmund Bein zurückerstatten.65

Auswanderungsversuch und Deportation

Albert Bein versuchte ein Visum für Shanghai zu bekommen. Für das Beantragen desselben musste eine hohe Geldsumme aufgewendet werden, die er von seiner Schwester Rosa Gattmann66 bekam.67 Die Flucht sollte durch Russland führen68 ,  was aber durch den Deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 unmöglich wurde.69

Am 4. April 1942 wurde Albert Bein von München-Milbertshofen nach Piaski in das von den Deutschen besetzte Polen verschleppt.70 Er hat die Deportation nicht überlebt und wurde nach Ende des Zweiten Weltkriegs für tot erklärt.71

Dies ist ein Auszug aus der Biografie, die von Isabel Schäffer, Schülerin des Oberstufenjahrgangs 2018/2020 am Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen, im Rahmen des W-Seminars „Jüdische Opfer des Nationalsozialismus im Großraum Augsburg“ im Fach Geschichte erarbeitet wurde.

Fußnoten
  1. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  2. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  3. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  4. StadtAA, MB Alexander Bein.
  5. StadtAA, MB Alexander Bein; StadtAA, GK 2 Gebrüder Bein.
  6. StadtAA, MB Alexander Bein.
  7. StadtAA, MB Alexander Bein.
  8. Gernot Römer (Hg.), „An meine Gemeinde in der Zerstreuung.“ Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949 (Material zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, Bd. 29), Augsburg 2007, S. 183.
  9. StadtAA, MB Albert Bein.
  10. Gernot Römer (Hg.), Augsburg 2007, S. 183. Zu diesem Punkt konnten keine weiteren Quellen gefunden werden.
  11. StadtAA, MB Alexander Bein.
  12. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein; Gernot Römer (Hg.), 2007, S. 184.
  13. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  14. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  15. Gernot Römer, 2007, S. 71 und S. 120.
  16. Gernot Römer, 2007, S. 184.
  17. Gernot Römer, 2007, S. 120.
  18. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  19. Aus der Akte BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein, bayr. Entschädigungsamt 06053, 29.03.1950 geht hervor, dass Benjamin van Wien mittlerweile gestorben war, allerdings wird kein genaues Datum genannt.
  20. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  21. BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein, Erbschein Babette Bein, 12.08.1957.
  22. BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein, Erbschein Babette Bein, 12.08.1957.
  23. BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein, Erbschein Babette Bein, 12.08.1957.
  24. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein; https://www.geni.com/people/Babette-Bein/6000000034452514630 (aufgerufen am 10.08.2019).
  25. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  26. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  27. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  28. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  29. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  30. StadtAA, MB Arthur Bein.
  31. https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de838702 (aufgerufen am 10.08.2019).
  32. BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein.
  33. BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein.
  34. https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de838702 (aufgerufen am 10.08.2019).
  35. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  36. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  37. BWA, K9/1, Nr. 7053.
  38. BWA, K9/1, Nr. 7053.
  39. StadtAA, GK I Alexander Bein.
  40. StadtAA, GK I Sigmund und Albert Bein.
  41. StadtAA, Leichenschauscheine, Alexander Bein, 28.09.1908.
  42. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  43. StadtAA, MB Albert Bein.
  44. BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein, Bayr. Creditbank Nachricht an Sigmund Bein, 08.12.1948. In den weiteren Akten fanden sich keine näheren Informationen zu dieser Wohnadresse von Albert Bein.
  45. StadtAA, GK I Sigmund und Albert Bein.
  46. StadtAA, FB Alexander und Clara Bein.
  47. StadtAA, GK I Sigmund und Albert Bein.
  48. BWA, K9/1, Nr. 7053.
  49. BWA, K9/1, Nr. 7053.
  50. StadtAA, GK II Gebrüder Bein.
  51. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  52. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  53. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  54. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  55. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  56. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  57. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  58. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  59. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  60. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  61. StAA, Steuerakten rassisch Verfolgter 3830.
  62. BWA, K9/1, Nr. 7053.
  63. StAA, Wiedergutmachungsbehörde A-Akten 762.
  64. StAA, Wiedergutmachungsbehörde A-Akten 762.
  65. StAA, Wiedergutmachungsbehörde A-Akten 762.
  66. Alberts Schwester Elsa Bein heiratete Salomon Gattmann. In der Akte BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein, Akte BEG 69741, 07.11.1961 wird Rosa Gattmann klar als Albert Beins Schwester genannt. Zu einer Rosa Gattmann ließen sich sonst aber keine Informationen finden. Vermutlich handelt es sich hierbei um eine Namensverwechslung.
  67. BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein, Akte BEG 69741, 07.11.1961.
  68. BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein, Akte BEG 69741, 07.11.1961.
  69. BayHStA, LEA 5799, Arthur Bein, Akte BEG 69741, 07.11.1961.
  70. https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de838700 (aufgerufen am 10.08.2019).
  71. https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de838700 (aufgerufen am 10.08.2019); Gernot Römer (Hg.), 2007, S. 183.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Unveröffentlichte Quellen:

Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA)
Landesentschädigungsamt (LEA):
– 5799, Arthur Bein

Bayerisches Wirtschaftsarchiv (BWA)
– K9/1, Nr. 7053

Staatsarchiv Augsburg (StAA)
– Steuerakten rassisch Verfolgter 3830
– Wiedergutmachungsbehörde A-Akten 762

Stadtarchiv Augsburg (StadtAA)
Familienbogen (FB):
– Alexander und Clara Bein

Meldebogen (MB):
– Alexander Bein

Gewerbekartei I (GK I)
– Alexander Bein

Gewerbekartei II (GK II)
– Gebrüder Bein

Leichenschauscheine, Alexander Bein, 28.09.1908

Internet:
Literatur:

Gernot Römer (Hg.), „An meine Gemeinde in der Zerstreuung.“ Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941 – 1949 (Material zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, Bd. 29), Augsburg 2007.