Wyselok, Kreis Chamenetz-Podolsk/Ukraine
Zwangsarbeiterin bei Bauer Martin Brem in Hirblingen
Frau Maria Lysiak kommt mit ihrer Tochter, Enkelin und ihrem Urenkel in die Stiftung in Chmelnitzkji. Vier Generationen leben zusammen. Maria erinnert sich, wie sie im Juni 1942 im Alter von 16 Jahren nach Deutschland verschleppt wurde. Der Bürgermeister rät ihrer Mutter, die Maria zu den deutschen Behörden zu schicken, sie sei die jüngste, da sei die Chance groß, dass sie nicht genommen werde. Eigentlich hätte eine der älteren drei Schwestern nach Deutschland geschickt werden sollen. 14 Tage sind sie mit den Eisenbahnwaggons unterwegs. Die Notdurft müssen sie im Eisenbahnwaggon verrichten, haben kaum Wasser, an Schlaf ist nicht zu denken.
An das Leben bei Martin Brem auf dem Bauernhof erinnert sie sich genau. Vier Kinder hat der Bauer Brem: Martin, Otmar, Maria, Hildegard. Maria sagt, sie sei gut behandelt worden; die Bäuerin habe ihr das Kochen beigebracht. Neben ihr arbeiten noch ein Franzose, zwei Polen und eine weitere Ukrainerin beim Bauer Brem, Dascha. Die Arbeit ist schwer, der einzige Trost ist, dass man sich mit anderen ukrainischen Mädchen am Ort treffen kann. Natürlich schreibt sie auch nach Hause, aber die Briefe, die ankommen, sind zensiert, viel ist da nicht mehr zu lesen. Geld haben sie keines bekommen. An den Festtagen gibt es ein Kleidungsstück. Ihre Verschleppung nach Deutschland verfolgt sie heute noch (2003) immer im Traum. Nein, es gebe nichts Positives, worüber sie berichten könne.
Die Arbeit sei schwer gewesen, Arbeit von morgens bis abends. Sie habe wegen ihrer Deportation nach Deutschland weder eine abgeschlossene Schulbildung noch eine weiterführende Ausbildung genießen können. Als sie nach Chmelnizki zurückkehrt, erfährt sie, dass die Mutter 14 Tage zuvor verstorben ist.
Als ich ihr von unserem Projekt am Paul-Klee-Gymnasium erzähle, steigen ihr Tränen in die Augen. Ich überreiche ihr das Geld. Ihre Rührung lähmt sie, sie kann nicht mehr sprechen, will nur fort, vergisst, mir die Hand zu geben oder sich zu verabschieden. Ich eile ihr nach in die Kälte.
Bericht erstellt von Dr. Bernhard Lehmann StD Gegen Vergessen – Für Demokratie RAG Augsburg-Schwaben
Stadtarchiv Gersthofen/Hirblingen