Arthur Luchs

Geboren:
29.06.1928, Neustadt an der Aisch
Gestorben:
22.05.1981, Cincinnati/Ohio (USA)

Wohnorte

Neustadt an der Aisch, Marktplatz 11
Neustadt an der Aisch, Nürnberger Straße 2
Neustadt an der Aisch, Nürnberger Straße 13
Augsburg, Kaiserstraße 39
Augsburg, Bahnhofstraße 18⅓
Cincinnati/Ohio (USA)

Letzter freiwilliger Wohnort

Biografie

Arthur Luchs kam am 29.06.1928 in Neustadt an der Aisch zur Welt.1 Er war das älteste Kind von Ernestine und Eugen Luchs. Seine jüngeren Schwestern hießen Alice (5.9.1931) und Sofie (6.4.1933).2

Nach der Hochzeit am 19.1.1926 lebten seine Eltern zur Untermiete am Marktplatz 11 in Neustadt. Am 15.2.1930 zog die Familie in die Nürnberger Straße 2 und am 29.7.1934 weiter in die Nürnberger Straße 13.3

Ilse Vogel berichtet in ihrem Buch Vom Land in die Stadt: 200 Jahre Judenschaft zu Pahres. 70 Jahre jüdisches Leben in Neustadt an der Aisch Folgendes: „Ein Besucher im Judensäcker erzählte folgende Begebenheit – und offenbar erinnerte er sich jetzt erst wieder daran: Sein Spielkamerad zeigte ihm einmal zu Hause lauter kleine Gegenstände, die er für Spielsachen hielt. Nein, diese Sachen stammen alle aus der Synagoge. „Und wie hieß der Junge?“ – „Luchs, Arthur Luchs.“ Es war die Familie, die bis zum Ende verantwortlich war für das Eigentum der Gemeinde, und Arthur Luchs war gerade zehn Jahre alt bei der Vertreibung aus Neustadt am 10. November 1938.“4

In Folge der Reichspogromnacht wurden Arthur und seine Familie aus der Stadt vertrieben. Sie zogen am 10.11.1938 in die Kaiserstraße 39 in Augsburg.5 Dort wohnte sie bei Verwandten von ihrem Vater Eugen. Am 13.2.1939 zogen sie in die Schißlerstraße 39 zur Familie Oppenheimer.6 Weshalb sich die Familie dann trennte oder trennen musste, ist nicht bekannt. Für Arthur lässt sich ein Eintrag im Hausbogen der Bahnhofstraße 18⅓ finden, wo er vom 10.5.1939 bis zum 24.7.1939 im zweiten Stock bei Moritz Luchs, geboren am 9.4.1865 in Buttenwiesen, der wohl ein Cousin von Eugen Luchs war, gewohnt hat.7 Für seine Schwester Sofie ist ebenfalls ein Eintrag im selben Bogen zu finden, sie wohnte auch bei Moritz Luchs, allerdings vom 2.10. bis zum 1.12.1940, und zog dann an den Hinteren Lech 23.8 Weshalb sie nicht bei ihren Eltern lebte, ist unklar.

Arthur konnte dann nach England emigrieren.9

Sein Vater musste vom 8.5. bis zum 5.10.1939 Zwangsarbeit in der Ziegelei „Hochfeld, Weiss & Co“ in Göggingen und ab 3.6.1940 im Baugeschäft Egger verrichten.10

Die Eltern und seine Schwester Alice sind dann vom 1.4.1940 bis zum 17.11.1941 im zweiten Stock der Bahnhofstraße 18⅓ gemeldet.11

Am 23. Oktober 1941 verbot das NS-Regime Juden die Auswanderung, womit das Schicksal derer, die die Emigration nicht realisieren konnten, besiegelt war. Mitte November kamen die ersten Deportationsbefehle und die Kultusgemeinde wurde gezwungen, den Transport mit zu organisieren. 20 Männer, Frauen und Kinder wurden am 20. November 1941 von Augsburg über das Sammellager Milbertshofen bei München nach Kowno/Kaunas in Litauen transportiert. Niemand hat die Deportation überlebt.12 Unter ihnen befanden sich seine Schwestern Alice und Sofie sowie seine Eltern Eugen und Else Luchs.13

Todesanzeige von Arthur Luchs. (American Jewish Archives)

Möglicherweise gelangte Arthur Luchs mit einem sog. Kindertransport nach England, wo er bis zu seinem 16. Lebensjahr wohnte. Gleich nach Ende des Kriegs hatte Arthur, der damals in Leeds wohnte, versucht herauszubekommen, was mit seiner Familie passiert war, und einen Antrag auf Bestätigung der Deportation seiner Familie bei der Vorgängerorganisation des ITS (International Tracing Service) gestellt.14 Dann wanderte er in die USA aus, wo er bei seinem Onkel Karl Wollenreich und seiner Tante Betty Engel in Ohio wohnte. Dort schloss er dann die High School sowie das College ab, war als Sanitäter bei der U.S. Army tätig und arbeitet dann bei der Firma Standard Textile Co.15 Er heiratete Rosalee Zager, die beiden bekamen zwei Söhne. Arthur Luchs ist am 22.5.1981 gestorben.16

Dies ist ein Auszug aus der Biografie, die von Leonie Engemann, Schülerin des Oberstufenjahrgangs 2016/2018 am Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen, im Rahmen des W-Seminars „Biografien von jüdischen Opfern des Nationalsozialismus im Großraum Augsburg“ im Fach Geschichte erarbeitet wurde.

Angehörige
Fußnoten
  1. StadtANEA, FB Eugen Luchs.
  2. StadtANEA, FB Eugen Luchs.
  3. StadtANEA, FB Eugen Luchs.
  4. Ilse Vogel, 2008, S. 251f.
  5. Ilse Vogel, 2008, S. 181.
  6. StadtAA, MK II, Eugen Luchs.
  7. StadtAA, HB Bahnhofstraße 18 1/3.
  8. StadtAA, HB Bahnhofstraße 18 1/3.
  9. StadtAA, HB Bahnhofstraße 18 1/3.
  10. ITS Digital Archive Bad Arolsen, 2.1.1.1/6080121.
  11. StadtAA, HB Bahnhofstraße 18 1/3.
  12. Benigna Schönhagen, „… und dann heißt‘s Abschied nehmen aus Augsburg und Deutschland“. Der Weg der Familie Stern aus Augsburg (Lebenslinien. Deutsch-jüdische Familiengeschichte, Bd. 6), Augsburg 2013, S. 51.
  13. StadtAA, HB Bahnhofstraße 18 1/3; https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411120-55.jpg (aufgerufen am 20.7.2020).
  14. ITS Bad Arolsen, E-Mail von Margit Vogt von der Abteilung Forschung und Bildung des ITS (International Tracing Service).
  15. E-Mail von Rosalee Luchs vom 3.11.2017.
  16. American Jewish Archives, Todesanzeige Arthur Luchs.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Unveröffentlichte Quellen:

American Jewish Archives
– Todesanzeige Arthur Luchs

Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA), Abt. Kriegsarchiv
– Bd. 1631 KStR (Eugen Luchs)

E-Mail von Rosalee Luchs vom 3.11.2017

ITS Bad Arolsen, E-Mail von Margit Vogt von der Abteilung Forschung und Bildung des ITS (International Tracing Service)

ITS Digital Archive Bad Arolsen
– 2.1.1.1/6080121

Stadtarchiv Augsburg (StadtAA)
Hausbogen (HB):
– Bahnhofstraße 18 1/3

Meldekarten (MK):
– Luchs

Meldekarten II (MK II):
– Eugen Luchs

Stadtarchiv Neustadt an der Aisch (StadtAEA)
Familienbogen (FB):
– Eugen Luchs

Stadtarchiv Wertingen (StadtAWertingen)
– E-Mail von Dr. Johannes Mordstein

Literatur:

Andreas Heusler, Elisabeth Angermair, Al Koppel, „… verzogen, unbekannt wohin“. Die erste Deportation von Münchner Juden im November 1941, München 2001.

Benigna Schönhagen, „… und dann heißt‘s Abschied nehmen aus Augsburg und Deutschland“. Der Weg der Familie Stern aus Augsburg (Lebenslinien. Deutsch-jüdische Familiengeschichte, Bd. 6), Augsburg 2013.

Maximilian Strnad, Zwischenstation „Judensiedlung“. Verfolgung und Deportation der jüdischen Münchner 1941–1945, München 2011.

Ilse Vogel, Vom Land in die Stadt: 200 Jahre Judenschaft zu Pahres. 70 Jahre jüdisches Leben in Neustadt an der Aisch, Neustadt an der Aisch 2008.